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März 7, 2012

Rolf und seine Freunde

Thomas Kürstner, Felix Loycke, Ralf Harster und Myriam Schröder in "Rolf und seine Freunde"

Ausschnitt aus der Sitcom „Rolf und seine Freunde“.

Was bisher geschah: Der rüstige Rentner Rolf lebt zusammen mit seiner imaginären Pflegerin Maria in einer 6-Zimmer-Atbauwohnung in City-Bestlage, 2 Südbalkone, 2 Badezimmer plus Gäste-WC, helles Obergeschoss, hochwertiges Parkett, denkmalgeschützter Jugendstil-Stuck. Und das alles mit Fahrstuhlansschluss! Kein Wunder, dass seine Tochter Jaqueline der Meinung ist, dass es an der Zeit ist, den alten Knacker endlich in ein Heim abzuschieben. Peter allerdings hat ganz andere Pläne und möchte Jaqueline beseitigen. Im Ehevertrag steht all das nicht, dennoch sterben sie bei dem Versuch, Rolf aus der Wohnung zu werfen. Nachdem sie aus dem Totenreich zurückgekehrt sind, finden sie sich wieder in Rolfs Wohnung ein.

PETER
Kommt mit einem Knall durch die Tür. Er humpelt und sieht auch sonst sehr lädiert und mitgenommen aus.
Ich bin zwar etwas lädiert, ich humple und sehe mitgenommen aus – aber sonst geht es mir gut! Wenn man bedenkt, wo ich herkomme!
Das letzte, an das ich mich erinnerte, war, dass Jaqueline mich verlassen hat. Einfach so, aus heiterem Himmel.

JAQUELINE
Aber Peter, das haben wir doch alles immer und immer wieder durchgesprochen: ich hatte keine Lust mehr, ständig von dir ermordet zu werden. Und da dachte ich: ein bisschen Abstand tut uns gut.

PETER
Wie auch immer. Jaqueline wandte mir den Rücken zu – und ich so: ey, was mach ich jetzt und so. und auf einmal: zack bumm – ihr ratet nicht, wo ich auf einmal hineintappte.

JAQUELINE
Eine Pfütze.

ROLF
Ein neues Abenteuer.

MARIA
Ein Fettnapf.

PETER
So hört mir doch zu! Ich tappte hinein in –

MARIA
Einen Hundehaufen?

PETER
In ein Wurmloch! (Stille. Alle erstarren in Ehrfurcht).

JAQUELINE
So was ist mir noch nie passiert.

PETER
Mir auch nicht. Aber so was ist möglich heutzutage! Die moderne Physik geht ja von der Existenz mehrerer Universen aus.

ROLF
Log’n. Schließlich gibt es ja nach der Relativitätstheorie kein einheitliches Zeitmaß, das die Zustimmung aller Beobachter fände. Also denkt man sich einfach mehrere Universen aus und baut sich eine chique Einstein-Rosen-Brücke darüber.

MARIA
Da schickt man dann Schroedingers Katze zu Nachbars Lumpi – und wenn die sich ‚Gute Nacht‘ sagen, dann: „Gute Nacht!“.

PETER
Ich stapfte also in dieses Wurmloch hinein. Erst dachte ich noch, es wäre ein Hundehaufen, ganz wie Maria sagte. Es ist ja kaum zu glauben, wie viele Hunde es mittlerweile in der Stadt gibt. Mehr Hunde als Menschen. Und alles scheißen sie voll. Und die Stadt? Steckt die Hände in die Taschen und spielt Taschenbillard.

JAQUELINE
Peter.

PETER
Zwei Kugeln und ein Queue.

ROLF
Peter.

PETER
Man fragt sich, wozu die überhaupt noch Steuern sparen wollen, wenn die eh nur rumstehen und sich einen zwitschern.

MARIA
Peter!

PETER
Ist doch wahr Mensch! Überall immer nur Hundescheiße Hundescheiße Hundescheiße! Dann lieber tot, Mensch!

JAQUELINE
Aber, Peter, es war doch keine Hundescheiße!

PETER
Nein! Es war keine Hundescheiße, diesmal nicht. Sonst ist es immer Hundescheiße, aber diesmal – war es ein Wurmloch!

ROLF
Der Casimir-Effekt! Faszinierend!

PETER
Ich rutschte durch das Loch hindurch, glibberig war es da und schleimig. Aber auch ganz geil. Also, körperlich, mein ich, wenn ihr versteht. Ich rutschte hindurch und landete geradewegs in der Zukunft!

JAQUELINE
Wie ist das möglich?

MARIA
Ganz einfach, das Feynmannsche Möglichkeits-Wirklichkeits-Axiom:

ROLF
Alles, was denkbar ist, existiert!

JAQUELINE
Alles?

MARIA
Alles.

JAQUELINE
Auch die ganz versauten Sachen?

MARIA
Gerade die!

PETER
Das einzige, was zählt, Jaqueline, ist: ich habe unseren Sohn getroffen! Den Sohn, den du jetzt noch unter deinem Leiberl trägst.

JAQUELINE
Aber ich werde ihn doch abtreiben?

PETER
Nein, ich habe ihn gesehen! Er wird geboren werden und es geht ihm gut – den Umständen entsprechend, die übrigens entsetzlich sind in dieser Zukunft. Es herrscht eine Art Bürgerkrieg: die Alten gegen die Jungen, die Jungen gegen die Alten, diejenigen mit privater Altersvorsorge gegen jene mit staatlicher Rente, Privat- gegen Kassenpatienten, Buddhisten gegen Christen, Moslems mit Bart gegen Moslems ohne Bart, Beatles- gegen Stones-Fans…

JAQUELINE
Beatles- gegen Stones-Fans?

PETER
Ja, auch dieser unsinnige Konflikt ist wieder aufgeflammt.

ROLF
Klar. Schließich sind die Beatles alle schwul.

PETER
Auf jeden Fall hatte unser Sohn eine wichtige Botschaft für uns. Sie lautet… Moment…

Er sucht in allen seinen Taschen nach einem Spickzettel, nach ewiger Zeit der Suche findet er ihn.

PETER
Hier! Da steht: liebe Mama, lieber Papa, ihr alle, die ihr in unserer Vergangenheit lebt und mit euren Taten unsere Gegenwart bestimmt. Unser Leben ist nicht schön und unsere Zeit voller Zumutungen. Täglich bringen sich die Menschen gegenseitig um oder wählen ein freiwilliges Ende dieses unwürdigen Lebens. Deshalb sage ich euch auf diesem Wege: Kehret um! Besinnet euch! Was ihr tun müsst, ist einfach. Es handelt sich um folgendes: Vor allem müsst Ihr (er hält inne) ich kann es nicht lesen.

JAQUELINE
Zeig mal… so eine Klaue. Das hat er von dir!

ROLF
Wieso schreibt man in der Zukunft eigentlich wieder mit der Hand? Ist das nicht voll Old School? Ich meine, eine Mail hätt’s doch auch getan.

MARIA
(schaut auf den Zettel)
Ich weiß, was da steht. Ich weiß es!

Alle schauen sie voll Erwartung an.

MARIA
Aber ich bin ja nur eine Einbildung. In Wirklichkeit ist das leider völlig unlesbar.

ALLE
Oh nein!

JAQUELINE
Nein! Ich erkenne die Schrift meines Sohnes in spe! Ich werde schließlich seine Mutter gewesen sein! Da steht…
Da steht… ich fass es nicht.

Grusel-Musik.

MARIA
Schalten Sie auch nächste Woche wieder ein, bei „Rolf und seine Freunde“.

JAQUELINE
Er verlangt wirklich von uns, dass wir…

Abspann mit Hinweis auf die nächsten Sendetermine.

Ralf Harster, Myriam Schröder, Felix Loycke und Sachiko Hara in "Rolf und seine Freunde"