Posts tagged ‘Nicolas Stemann’

März 19, 2012

Gefeierte Zweite!

Nach der kontrovers aufgenommenen Premiere haben wir heute eine vom (deutlich jüngeren) Publikum einhellig und begeistert gefeierte zweite Vorstellung gespielt. So kann’s gehen.

Humorvoll: Premieren-Publikum auf der Premiere

Zweite Vorstellung: auch dem Baby hat's gefallen

Wir bleiben in Bewegung!

Nächste Vorstellung am schauspielköln am 3.4., 19:30.

Weitere Vorstellungen im April am 4.4., 21.4., 28.4. um 19:30 sowie am 29.4. um 15:00.

März 18, 2012

PREMIERE WAR – ZWEITE VORSTELLUNG IST – WEITERE FOLGEN – DER KAMPF GEHT WEITER – JA JA JA !

Fotos von David Balzer

März 6, 2012

Probenimpressionen

Eine der ersten Proben: Thomas Kürstner und Nicolas Stemann spielen E-Gitarre und Schlagzeug auf ihren iPhones während sich Dramaturg Benjamin von Blomberg mit Bevölkerungspyramiden beschäftigt. Dazu erzeugt Sebastian Vogel Feedbacks auf einer elektrischen Calimba. (Puppen von Florian und Felix Loycke a.k.a. „Das Helmi“, Berlin)

März 6, 2012

Meer und Mehr

Überbevölkerung vs. Bevölkerungsschwund

Zu viel Alte, zu viel Schwache, zu viel Kinder der Falschen. Wir wollen nur Kinder der Richtigen, von denen gibt es zu wenig, Kinder der Falschen gibt es in Hülle und Fülle, sie verstopfen uns schon längst den Markt, den Menschenmarkt, den Transfermarkt, auf dem sie nur nehmen können aber leider nichts geben, schließlich haben sie ja nichts, und das ist ihr Fehler! Kinder, die etwas haben: zu wenig! Kinder die etwas brauchen: zu viel! Weshalb wir sie nicht brauchen können, nicht jetzt, nicht hier, und also machen wir die Grenze eben zu, was alle verstehen können, seht: wir haben ja selbst zu wenig Kinder, da können wir Eure vielen nicht auch noch brauchen, wir sterben nämlich aus und dabei wollen wir nicht gestört werden. Wir wissen, ihr sterbt auch aber wir sterben aus, und das ist ja wohl ein bisschen schlimmer als im Ruderboot vor Gran Canaria zu kentern oder zu verdursten oder zu ertrinken oder an den Strand zu gelangen um von dort dann in einem schönen Luxus-Jet wieder zurückgebracht zu werden in das kinderreiche Reich der falschen Kinder. Ihr sitzt im Ruderboot vor Gran Canaria und ertrinkt oder verdurstet, aber wir sitzen im Tretboot vor Gran Canaria und sterben aus. Also bitte: habt ein wenig Anstand und Verständnis für uns und dafür, dass ihr schon wieder im Atlantik oder auch im Mittelmeer, vor Lampedusa oder Gibraltar ertrinken müsst, was ja schon allein deshalb nicht so schlimm ist, weil ihr ja so viele seid, so entsetzlich viele, und das, obwohl ihr doch das Aids habt und die Hitze und all die anderen schlimmen Dinge, die euch nicht daran hindern, weiter eurem Lieblingslaster zu frönen, dem zu viel sein! Sorry. Was genug ist, ist genug – aber was zu viel ist, ist zu viel. Müssten wir ertrinken, vor Lampedusa oder auf Sylt oder in den Niederlanden, so wäre es schlimmer, denn wir sind zu wenig und wir werden immer weniger und allein schon deshalb sind wir mehr wert.

Sagt der Markt.

März 3, 2012

Über Müdigkeit

Wir besinnen uns auf das, was jetzt zu tun ist. Was jetzt getan werden soll.

Was wir tun müssen, um das Schlimmste abzuwenden.

Schließlich ist es 30 Jahre nach zwölf, wie nicht nur der Demograf uns warnt, zu spät, wie er selber eigentlich wissen müsste. Also doch lieber ab ins Bett –

Doch da fängt es an. Die Krise der Innenarchitektur ist nämlich nicht zu unterschätzen. Zum Beispiel Betten. Gibt es eigentlich noch schöne Betten? Wenn analog zur Gesellschaft auch der gute Geschmack schrumpft, haben wir erst recht ein Problem. Dann sind wir gewissermaßen in der Emanzipationsfalle: kinderlos und doch daneben. Und da fallen wir abends hinein und kommen morgens nicht mehr raus, in diese Falle. Die sich dann als klassische Einstiegsdroge in die Müdigkeitsgesellschaft erweist, in die Gesellschaft von so vielen Müden, und es ist eine schlechte Gesellschaft, die Gesellschaft von all den Arbeitsmüden, Schulmüden, Kindermüden, Lebensmüden, Lernmüden, Gefühlsmüden, Spaßmüden, ja, die Spaßmüdigkeit ist eine Müdigkeit zum Fürchten, und die kennen wir nicht nur von früher. Beziehungsmüden, Liebesmüden, Musikmüden, Aufklärungsmüden, Religionsmüden, Gründungsmüden, und all diese Müden des Alltags haben nun eine Gesellschaft gegründet, damit sie nur noch beschränkt haften müssen für all das, was zu tun sein und doch nicht getan werden wird, wieder einmal, und was man deshalb wieder einmal selber tun müsste, wäre man nicht so entsetzlich müde. Man müsste zum Beispiel den Regenwald nicht abholzen und das Auto nicht fahren. Ersteres ist einfach, Letzteres eigentlich auch, dennoch fällt es allen schwer, und zwar beides. Was man weiter tun müsste, wäre, das Flugzeug heute mal in der Garage zu lassen und das Rind im Stall, in dem es dann eigentlich auch etwas mehr Platz zum Leben hätte haben sollen, ohne Gas und Atom und ohne Quälerei bis ins saftigste Kotelett hinein, ein Leben und ein Altern in einer Würde des Menschen, die ja schließlich offiziell auch nicht wirklich antastbar sein sollte, wofür man aber eigentlich auch mal sorgen müsste, ehrlich gesagt. Ebenso wie für die Alten, Armen und Behinderten, für die ja sonst keiner sorgt, auch Vater Staat nicht, obwohl der doch ausdrücklich dafür gegründet und bezahlt wurde, wobei der Gründungsmythos einer gewissen Gründungsmüdigkeit weichen musste, ebenso wie das Rind dem Genuss, so ist das eben. Richtig ist das nicht, doch mehr als die Fehler mit Rotstift markieren können wir nicht, wir die Hilfslehrer der Erde, dann muss sie eben nachsitzen die Welt, wenn sie so falsch ist, dann wird sie eben Hauptschule oder noch schlimmer, die falsche falsche Welt, bis sie schließlich wie all die anderen Schulversager dem Staat auf der Tasche liegt, und das müssen dann ja auch wieder wir zahlen, wir, der kleine Mann von der Straße, müssen die Welt retten, die, vom rechten Weg abgekommen, nun in der Gosse liegt und reichlich Stütze braucht. Von uns.

Was also wird getan werden müssen? Was genau wird in Zukunft zu bereuen sein? Was werden wir demnächst von uns denken, was wir getan hätten müssen gemusst getan gewesen gehätte hätte hätte. Hätte hätte Herrentoilette – und auch davon gibt es zu wenig, denkt die Erde, die im Rinnstein all den Urin der emsigen Partymeilen-Besucher ertragen muss. Die Party-people, die mit den Meilen auf die Meile fliegen, das Flugzeug bringt uns hin, es kostet nichts, auf jeden Fall nicht uns, nur unsere Kinder, von denen wir die Welt zwar geborgt haben, aber geborgt ist geborgt, da müssen die sich jetzt nicht so anstellen, denn anstellen werden sie sich ja sowieso noch genug müssen, wenn nicht auf dem Arbeitsmarkt, dann immerhin doch in der Suppenküche, also: genug gemeckert, jetzt muss auch mal ein bisschen Spaß sein, sonst heißt es wieder wir sind unlocker und das wollten wir ja nicht mehr sein, nie wieder, wir haben es uns geschworen, auf den Trümmern der damaligen Gegenwart: Nie wieder unlocker. Also auf geht’s ins Ausland, diesmal in harmloser, friedlicher Party-Absicht, das kostet gar nichts, nur ein wenig Geld, das uns demnächst ja sowieso fehlen wird, wie wir durch den monatlichen Rentenbescheid ja schon ziemlich sicher wissen, also nichts wie los: Paaartyyy. Hey was geht ab, wir feiern die ganze Nacht, und die ist lang, kein Licht am Ende des Tunnels, im „Tunnel“, und das ist gut so, denn wir sind die 24-hour-party-people in der nicht enden wollenden Nacht, und irgendwann ist sie dann vorbei – nicht die Nacht, nur die Party. Nur: dunkel ist es dann noch immer, das Licht am Ende des Tunnels war die Nachttischlampe, und auch die wird jetzt gelöscht, schließlich machen hundert Watt den Kohl auch fett, wie wir jetzt wissen. Hundert Watt macht auch Mist. Wir nehmen sie also vom Markt, die hundert Watt, das neue Produkt ist dunkler, aber auch teurer, und – der Chinese hat’s hineingemischt – auch noch giftiger, dafür haben wir eine Sache weniger, die in Zukunft hätte getan werden müssen. Es ist die falsche Sache, aber was soll’s. Licht aus, jetzt also, alle ins Bett, schließlich seid ihr doch so müde, zu müde zum Aufstehen, wie ich hörte, also Schlafen jetzt, und dann das: das Wasser steigt, weil alles zu warm ist, nein zu kalt wird, nein, das Wasser ist weg, es gibt nicht genügend für morgen, nicht genügend für den Schlaftrunk und zum Zähneputzen reicht schon gar nicht und dennoch, das ist jetzt gewissermaßen Pech im Unglück, regnet es hinein in die gute Stube, also spannen wir den Schirm auf, wir wollen schließlich schlafen und brauchen folglich einen Rettungsschirm. Der Rettungsring hat sich vorsorglich schon mal um unsere Hüften gelegt und verunstaltet dort das schöne enge Party-T-Shirt, doch hilft er uns nicht weiter, jetzt, wo das Wasser uns bis zum Hals steht und es von oben immer weiter reinregnet in das Dach, diesen Überbau, der noch immer sagt: „alles wird gut“ und „schlaf gut“ und „guten Abend gute Nacht“.

Wir suchen den Schlaf und wir zählen die Schäfchen, die wir alle noch ins Trockene bringen müssten, es sind viele, zu viele, also wertlos wie wir, wir zählen sie und während wir noch zählen, wie viele Schäfchen ertrinken werden dereinst, wenn uns endgültig die Felle wegschwimmen und wir sie alle nicht ins Trockene gebracht haben werden, fallen wir in kostbaren weil seltenen Schlaf und damit in unsere Erlösung. Während die kommenden Aufstände allesamt an unserem geschlossenen Schlafzimmerfenster vorbeitoben und uns nicht mehr zu wecken imstande sind. Noch nicht einmal die.

Was also hätte getan werden müssen? Vielleicht wissen es andere. Vielleicht tun es andere. Immer sind es die anderen, die etwas tun und die uns etwas tun, nie waren es wir selber, nie werden wir es selber gewesen sein, außer natürlich im Nachhinein, wenn wir Toten erwachen dereinst und sagen wollen: ich war dabei! Ich habe gelebt. Damals. In Wachheit. In Klarheit. In Richtigkeit. Und ich habe das Richtige getan. Ich habe stets das Richtige getan. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, da ich nichts getan habe! Die anderen haben Fehler gemacht! Ich habe nichts gemacht!

Ich hab doch gar nichts gemacht!

Gar nichts! Nichts!

Ich war nie hier.

März 2, 2012

Musiker brauchen Instrumente

Instrumente sollten nie neuer aussehen als die Musiker

Wir wollen Musik. Alle wollen immer Musik. Also gehen wir los und kaufen sie uns. Der Ton macht die Musik und der Haarschnitt macht den Musiker. Und der Musiker braucht ein Instrument. Oder zwei oder drei. Früher haben Musiker Musik gemacht. Heute kaufen sie sich Instrumente. Die dann auf den Musikern herumspielen bis diese sich wieder neu genug fühlen um sich neue kaufen. Von dem Geld, das sie noch nicht hatten, als sie noch neu waren. Jetzt sind sie alt und kaufen sich Instrumente, die neu sind, aber alt aussehen sollen. Bei den Musikern ist es genau umgekehrt. Je älter ein Instrument aussieht, desto jünger macht es den Musiker. Die meisten wollen ein Instrument aus den sechzigern, weil damals einfach alle jung waren, auch der Rock’n’Roll. Wir waren damals noch gar nicht geboren. Wir waren noch zu entdecken, für die Musik galt das gleiche. Heute ist die Musik entdeckt und wir schon längst geboren und bereits spät-gebärend (wenn überhaupt) und beide, die Musik und wir, laufen jetzt unserer Vergangenheit hinterher. Die Gegenwart brauchen wir dabei auch. Die neueste Technik wird eingesetzt um die älteste zu kopieren. Die Musik kopiert ihre Vergangenheit. Analog ist besser, aber nur, wenn es digital speicherbar ist und nicht danach aussieht. Virtuell-analog. Die Analogie des echten Lebens. Das echte Leben liegt in der Vergangenheit. Und die kann man sich neuerdings kaufen. Es gab mal eine Zeit – damals, als die Zukunft noch eine super Sache war – da sollte alles ganz neu sein und auch so aussehen.  Jetzt soll alles alt aussehen, nur wir nicht. Der Synthesizer hat ein Holzgehäuse, erzählt  das Plastik, und wir glauben ihm gern. Die Abnutzungserscheinungen der neuen Gitarre werden gleich mitgeliefert. Die Gebrauchsspuren. Sie soll so aussehen, als hätte man schon viel auf ihr gespielt, als hätte sie schon viel erlebt. Das ist super, dann müssen wir gar nichts mehr machen und auch nichts mehr erleben. Wir finden es immer besser, nichts zu machen als etwas. Damit wir weniger Gebrauchsspuren bekommen. Der Musiker soll nämlich im Gegensatz zum Instrument möglichst ungebraucht aussehen. Er soll noch alles vor sich, das Instrument soll schon alles hinter sich haben. Zumindest soll es so aussehen, schließlich ist es in Wirklichkeit ja umgekehrt. Klingt aber gut. Fast wie echt.

Wir gründen jetzt eine Band, die das Leben covert.

That’s Rock’n’Roll.